Samstag, 4. Oktober 2008

28.09.08 Selamat Libur Lebaran! (Teil 1: Handeln will gelernt sein – Frauen sind wie Wölfe)

Die eine Woche Ferien (Libur Lebaran) ist fast vorbei und es ist sooo viel passiert! Am Freitag ist Dijas Tochter Ruqoyyah zu Besuch gekommen, ich nenne sie Koi (wie den japanischen Fisch) oder Cumi “Tschumi“ (Tintenfisch). Erst war Sie sehr schüchtern, aber dann hat sie sich doch getraut, sich mein Märchenbuch auszuleihen (ich hab immer noch Probleme mit dem Verstehen der Texte, Koi hatte das Buch in 4 Tagen durch – frustrierend wenn eine zehnjährige besser lesen kann!). Wir waren zusammen beim Einkaufen, da es an Idul Fitri Tradition ist, dass die Kinder neue Kleidung bekommen, so etwa wie Weihnachten bei uns. Es gibt überall Rabatt und die Einkaufshäuser sind restlos überfüllt, ganz Yogya ist auf den Beinen und die Läden haben bis 10 Uhr geöffnet. Koi fand natürlich das Spielzeug viel interessanter als die Klamotten, besonders die Barbie Puppen. Heute morgen waren wir schon früh auf den Beinen, um sieben Uhr morgens findet rund um die UGM ein Markt statt. In unzähligen kleinen Ständen wird alles Mögliche verkauft: kleine Wasserschildkröten, Hamster in Käfigen und Fische in Flaschen. Es gibt Kleidung und Essen, CDs und Sonnenbrillen, Ramsch und noch viel mehr… Um neun Uhr beginnt die Hitze unerträglich zu werden und wir haben uns in den Schatten geflüchtet. Mittags war ich mit Sarah auf dem Pasar Beringharjo um mir einen kain jarit (großes Batiktuch zum Schlafen)zu kaufen. Überall waren Sepeda motor und Autos unterwegs, ich hatte Sarah hinten auf meinem sepeda motor und bin richtig glücklich, dass nichts passiert ist. In dem ganzen Getümmel passiert es schon mal, dass man mit dem Fuß den heißen Auspuff eines Nachbarn streift. Schon die Hälfte meiner Mitstudenten trägt schmerzhafte, wässernde Brandwunden oder Narben an den Waden davon (wah! Ich hoffe, dass ich davon verschont bleibe…). Als wir nach nervenaufreibenden 30 Minuten endlich in der Jalan Malioboro angekommen waren, wollte ich nur noch so schnell wie möglich raus aus der Hitze und rein in den überdachten Markt. Der Pasar Beringharjo ist Yogyas ältester, traditionellster Markt und man muss handeln um ein gutes Geschäft machen zu können. Sarah und ich haben uns also durch die engen, von einer Million Batikstoffen gesäumten Gänge geschlängelt und erst einmal zwei schöne Stoffe zum Schlafen gekauft. Das läuft folgendermaßen ab: „Was suchst du?“ „Batikstoff, groß, zum Schlafen.“ Es wird jede Menge Zeug vorgezeigt, überwiegend Ramsch (man hält uns für Touristen). „Ibu, ich suche einen SCHÖNEN Stoff, bessere Qualität.“ „Oh!“ Die Ibu weiß, was gemeint ist und kramt die besseren Stoffe hervor, einer schöner als der andere. Sarah und ich wühlen, finden beide was wir wollen. Dann geht es los: „Wieviel kostet es?“ „Der Meter kostet 40.000 Rupiah.“ Sarah und ich lachen erst mal. „Wir wollen 1 auf 2 Meter.“ „60.000“ Wir lachen weiter. „Zu teuer, Bu! Boleh tawar? (Handeln?)“ „Boleh.“, sie nickt. „20.000“ Jetzt ist es die Verkäuferin, die lacht. „Das geht nicht.40.000“ „Zu teuer!“ Sarah spielt mit den Stoffen und wir unterhalten uns mit möglichst ernsten Gesichtern. Stirnrunzeln kommt immer gut. „38.000“, schlägt die Ibu vor. „28.000“, schlage ich vor. Nach etwa 10 Minuten einigen wir uns auf 32.000 Rupiah pro Stoff und beide Seiten sind glücklich. Als wir an einem Stand mit Batik-Kleidern vorbei kommen, fällt mir sofort ein blaues Kleid ins Auge. Das mit Frauen und Kleidung ist sowas wie mit einem Wolf und seiner Beute: man wittert sie schon auf viele Meter und dann will man sie haben, koste es was es wolle! Handeln ist also wie das Anpirschen an die Beute. Der Verkäufer sieht sofort, dass ich Blut geleckt habe. „Was suchst du?“ „Mir gefallen die Batikkleider. Was kostet eines?“ „180.000“ Ich seufze und dreh mich weg. „Zu teuer!“ „Der Stoff ist sehr gut, da muss man mehr bezahlen!“, meint er. Ich schüttle den Kopf und geh erst mal mit Sarah einen Tanzschal suchen. Der Schal wird um die Hüfte gebunden und sollte bis zum Boden reichen, man zahlt gewöhnlich 15-20.000 Rupiah. Ein Verkäufer bietet ihr mehrere Schals an. Der Schal reicht nicht bis auf den Boden und als wir den Preis hören, lachen wir wieder. Er will ernsthaft 45.000 dafür haben! Harga pas, kein Handeln möglich. Wir gehen weiter, Sarah möchte an diesem Tag keinen Schal mehr kaufen, so sauer ist sie über die Unverschämtheit. Das kann dir hier eben auch passieren wenn du Pech hast, man versucht eben die „ahnungslosen Touris“ über den Tisch zu ziehen. Plötzlich kommt ein anderer Verkäufer angerannt, es scheint sich rumgesprochen zu haben dass ein weißes Mädchen einen Tanzschal sucht. Aber Sarah schmollt und winkt ab. Ich bin ein bisschen betrübt, weil ich echt gerne ein Batikkleid hätte. Durch Zufall kommen wir noch einmal an dem Stand vorbei und dann geht alles ganz schnell. „He, welches Kleid wollen Sie, Miss?“ „Zu teuer…“ „Welches?“ „Das blaue gefällt mir gut, aber 180 ist zu viel.“ „Okay, 150.“ „Nein, ich hab nur 100 dabei.“ „130?“ Hallo, ist der schwerhörig? (ich hab natürlich mehr dabei, aber einen Versuch ist es wert) Er seufzt, holt das Kleid von der Stange und packt es mit einem affenzahn ein. Ich habe plötzlich Angst, doch noch über den Tisch gezogen zu werden. Aber gekauft ist gekauft… Als ich später Dija das Kleid zeige und ihr den Preis nenne, ist sie von meiner Wahl und meinem Können begeistert. Bin ein Handel-Genie! Ich fühle mich gut und tanze in meinem neuen Kleid ein bisschen vor dem Spiegel rum. So leicht nimmt mich niemand mehr aus! Falls ich den Bejak-Fahrer noch einmal wiedersehe, der mir an meinem ersten Tag in Indonesien 200.000 Rupiah abgeluchst hat (den 10fachen Preis), werde ich ihn mit meinem neuen Batik-Schlaf-Stoff erdrosseln…

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